Na, siehst Du?! -Karma!

Ich beobachte ein paar Jugendliche auf dem Schulhof. Einer davon schmeißt verspielt einen Schneeball auf die Anderen, rutscht aber gleichzeitig aus und fällt -plums! -auf seinen Hintern. Von den Freunden kommt prompt ein: "Na, siehst du -Karma!" Ein staunendes Lächeln verbreitet sich in meinem Gesicht. Wenn sich unsere Jugendliche auf dem Schulhof mit diesem Wort beschimpfen, heißt es wohl, dass dieser buddhistische Begriff in unsere westliche Gesellschaft einen Eindruck lässt. Aber was wissen wir eigentlich über Karma?

 

Karma heißt Handlung (Sanskrit) und ist das Gesetz von Ursache und Wirkung.

Es steht für die Tatsache, dass alle unsere Handlungen, negative sowie positive, irgendwann auf unsere Lebensumstände eine Wirkung haben werden. Kurz nach seiner Erleuchtung lehrte Buddha Shakyamuni zum ersten Mal "Die vier edlen Wahrheiten". Diese beschreiben, dass das unerwachte Leben ein Leiden ist. Weil wir nicht sehen, wie vollkommen wir selber und die anderen sind und weil wir nicht sehen wie sehr wir mit einander verbunden sind, leben wir einen ständigen Ich-Du Kampf in dem wir wiederholt uns selber wie auch anderen neues Leiden zufügen. Karma spielt in der zweiten edlen Wahrheit: "Die Ursachen des Leidens" eine wichtige Rolle.

 

Die Buddhisten beschreiben es mit einem Gartenmetapher:

Wenn ich süße Samen sähe, wird die Pflanze auch süß schmecken

Wenn ich bittere Samen sähe, wird die Pflanze bitter schmecken

 

Als Therapeutin merke ich dies sehr deutlich in der Paartherapie. Immer wieder sähen wir als Partner ohne es zu merken bittere Samen. Wir jammern und klagen, nörgeln und kritisieren. Dies geschieht eigentlich aus einem unerfüllten Bedürfnis heraus, meistens aus dem nach Liebe und Anerkennung. Da dieses Bedürfnis aber meistens auf keiner Weise ausgesprochen wird, hört der Partner also nur dieses Jammertal. Wenn der Partner sich daraufhin zurückzieht, sich rechtfertigt oder sogar zurück jammert, haben wir wieder eine nicht so ganz der Wahrheit entsprechende Bestätigung dafür, wie schlimm mein Partner ist. Und es kann in die nächste Runde gehen...

 

Heilsam oder unheilsam

Wenn wir das Gesetz von Karma verstehen, nehmen wir immer mehr Verantwortung für die eigene Handlungen. Wir fangen an, uns zu fragen: Ist diese Handlung heilsam?... oder eher unheilsam?... für mich wie auch für die anderen? Ein häufig vorkommendes Missverständnis ist, dass man immer für andere Gutes tun soll. Das ist aber ein Irrtum. Wer sich nicht in der ersten Linie um das eigene Wohl kümmert, überfordert sich und erschöpft seine Lebenskraft, was dazu führt, dass er oder sie überhaupt nicht für andere da sein kann.

 

 

Was ist wichtig bei einer Handlung für das Ansammeln von Karma?

Man spricht von den fünf Faktoren einer Handlung

1. Die Motivation

2. Das Ausführen der Handlung

3. Bewusstheit der Handlung

4. Folgen der Handlung

5. Die Zufriedenheit der Handlung

 

Von diesen Faktoren ist die Motivation die wichtigste. Wenn ich also gerade einen Fehler begangen habe, ist das wichtigste, welche Motivation ich dabei hatte. Meistens ist uns unsere Motivation nicht wirklich bewusst. Wir führen unsere tägliche Handlungen aus ohne uns darüber Gedanken zu machen. Wenn z.B. in der Therapie Vorwürfe und Selbstvorwürfe in Bezug auf einer Handlung im Raum stehen, bringt die Frage nach der Motivation dieser Handlung wieder Klarheit und Verständnis. 

 

Um ein einfaches Alltagsbeispiel zu nennen: Ich putze gerade das Waschbecken im Bad. Was ist meine Motivation dazu? "Naja,,, ich muss es halt putzen weil es schmutzig ist." Dies entspricht nicht wirklich meine ehrliche Motivation. Warum will ich es eigentlich putzen? Die Antwort könnte sein: "Damit es wieder sauber wird, denn ein sauberes Waschbecken gibt mir ein besseres Gefühl." Meine Motivation ist also, dass ich ein sauberes Waschbecken haben möchte, weil es mir gut tut. Zwischen diesen zwei Aussagen und den Haltungen, die sie in uns erzeugen, ist ein großer Unterschied: "Ich muss es halt machen" und "Ich will es, weil es mir gut tut".

 

Zwei Alltagsübungen für ein besseres Karma

Überlege dir bei jeder Handlung:

  • Ist das gerade eine heilsame Handlung? (für mich und für die anderen?)
  • Was ist in jeder Handlung meine hinterliegende Motivation?

Wenn wir uns auf dieser Art in unserem Alltag beobachten, entsteht Bewusstheit für unsere Handlungen und unsere Verantwortung nimmt zu. Ohne Zweifel schaffen wir damit günstigere, heilsamere Lebensbedingungen, für uns wie auch für die Anderen. Laut den Buddhisten erzeugen wir damit sogar günstige Bedingungen für kommende Existenzen.

 

Viel Spaß beim Üben!